Reisbach: Frühbajuwarischer Grabhügel, spätgotische Kirche, sehenswerter Marktbrunnen, Wallfahrtskirchlein St. Wolfsindis

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Reisbacher frühbajuwarischer Grabhügel 48.568711,12.631552 - Google Maps
Der bajuwarische Grabhügel aus der Zeit um 500 n. Chr. im Spätsommer.
Um 500 n. Chr. zählte der in Norditalien residierende Ostgoten-König Theoderich Altbayern zu seinem Interessenbereich, um den Frankenkönig Chlodwig an einem Vorrücken nach Süden zu hindern. In dieser Zeit wanderten Alemannen, Langobarden und Thüringer ein. Sie wuchsen mit der keltisch-romanischen Vorbevölkerung zusammen zu einem neuen Stamm von unverwechselbarer Eigenart: den Bayern (Ethnogenese der Bayern).
Aus dieser Zeit stammt der Grabhügel von Reisbach, der größte jener Zeit überhaupt.

Heute ist Reisbach gemäß Zensus 2022 mit 7892 Einwohnern die bevölkerungsmäßig drittgrößte Gemeinde des Landkreises.

Reisbach 48.571038,12.628755 - Google Maps
Die wuchtige spätgotische Pfarrkirche St. Michael (vollendet 1496).
Charakteristischer, mächtiger Turm mit dreifach übereinander angeordneten Spitzbogenblenden unter dem Treppengiebel in alter heimischer Bauweise.

Der Aufgang zur Kirche

An der zerbröselnden Stützwand des Treppenaufgangs lässt sich das Konstruktionsprinzip des Deutschen Bandes gut erkennen.

In der Kirchenmauer sehenswerte Epitaphien

Der Hochaltar stammt aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert; in ihn wurden vorhandene, alte, wertvolle gotische Werke von 1520/30 des Meisters von Reisbach eingearbeitet, die sich an den Werken Albrecht Dürers orientieren.

 

Der Sonnenfischerbrunnen, gestaltet vom Eggenfeldener Bildhauer Joseph Michael Neustifter,
ist ein Geschichtsbuch Reisbachs.

In der Spitze das Bild der heiligen Wolfsindis.
Sie trägt die Siegespalme der Märtyrerin in ihrer Rechten,
das Pferd, das sie zu Tode schleifte, in der Linken.
Auch ihr Kirchlein mit der Heilquelle ist dargestellt.
Brunnen Reisbach 48.571244,12.628741 - Google Maps

Herzog Heinrich der Reiche verleiht 1438 den Reisbachern das Marktrecht.

Bischöfe streiten hitzig zum Besten von Hirt und Herde bei der Synode zu Rispach anno 799.

Die dritte Brunnensäule erzählt die Sage von den Sonnenfischern:
„Dö Reisbacher woit`n schöns Wedda krieag`n, drum hams hin und her studiert.
A Loatern bis zum Himmö führ´n, –

dös hätt´ sich nöt rentiert. –

Wann d`Sunn obm in dö Vils neileucht;
da kunnt´ mas außafisch´n.
Ganz sachte ziagns dös Fischbärnnetz, hoins außa in oam Wischer.
Und was hams drinna ghabt auf d´Letzt?
Den Namen „Sonnenfischer“.“

Die hl. Margaretha mit dem Wurm, eine der drei hl. Nothelferinnen

St. Michael

Die Salvatorkirche, direkt am Vilstalradweg, wurde um 1470 als gotischer Bau errichtet.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Änderungen im Frührokokostil mit wunderbaren Stuckarbeiten und prächtigem Hochaltar.
Hier sollen bis zum 30-jährigen Krieg die kostbar geschmückten Gebeine der Vilstalheiligen St. Wolfsindis aufbewahrt worden sein.

An der Rückwand hängt dieses eindrucksvolle Gemälde des Reisbacher Brandes vom 14. Juli 1835,
bei dem fast die Hälfte des Marktes den Flammen zum Opfer fiel.
Signiert: Jos. Mansrieder. Maler
1835 ereigneten sich in Reisbach drei Brände, am 18. Juni, 14. Juli und am 15. August.

Dort hängt auch ein Bild der hl. Ottilie mit den kennzeichnenden Augen.
Vor der geplanten Heirat erkannte sie, dass es nicht der Sinn ihres Lebens sein konnte, sich dem Willen eines Mannes zu unterwerfen. Sie wurde sehend, erkannte ihre wahre Bestimmung und gründete das Kloster St. Odile im Elsass.
St. Wolfsindis, die Vilstalheilige, sowie die drei Nothelferinnen St. Margaretha, St. Barbara und St. Katharina dagegen büßten die Verweigerung der Zwangsehe mit dem Märtyrertod.

Die Votivtafel stiftete 1712 ein Vater als Dank für die Heilung seines Sohnes:
... Sein Söhnlein, so in die Zweij Jahr lang unertreglichen Schmerzen an Beden Augen erlitten, gleich darauf von Tag zu Tag besser wordten, Heillige Othilia: Ich, erstatte dier ghüdigisten ...

St. Leonhard, Helfer der Eingekerkerten, wird hier mit der Eisenkette der Gefangenen gezeigt, woraus im Volksglauben der Pferdeheilige mit Viehkette wurde.

Neben dem östlichen Fundament wurden Votivgaben aus dem 16. bis 18. Jahrhundert gefunden.
Das Krötenvotiv sollte bei Kinderwunsch helfen.

Kopfvotive waren mit Getreide als Opfergabe gefüllt.

Vermutlich sollten sie bei Kopferkrankungen helfen, z. B. bei Kopfschmerzen und psychischen Störungen.

Der Ort des Gedenkens an die Kriegsteilnehmer 1866 und 1870/71

Wer hat wann warum hier retuschiert?

Am Markt schöne Hausschilder

Die drei hochverdienten edlen Reisbachern gewidmete Mariensäule
wurde 1844 von König Ludwig I. genehmigt und 1845 aufgestellt.
Die Madonna aus lehmfarbenem Schongauer Sandstein fertigte Ludwig von Schwanthaler,
der auch die Bavaria über der Münchner Theresienwiese entwarf.
Der zum Bau verwendete Kehlheimer Sandstein wurde mit dem Schiff nach Straubing transportiert
und von dort mit fünf vierspännigen Wagen zum Steinmetz nach Reisbach gebracht.

IGN. V. STREBER - WEIHBISCHOF U. DOMPROBST VON MÜNCHEN-FREISING (geb. 1758 in Reisbach)
MAXIM. V. IMHOF - AUGUSTINER PRIOR U. PROFESSOR IN MÜNCHEN (Mitbegründer des Oktoberfestes)
FRANZ XAVER V. SCHWÄBL - BISCHOF V. REGENSBURG (21. Kind eines Reisbacher Bäckers)

Der traditionsreiche Gasthof zur Post

Ein Gemälde über dem Haupteingang verweist auf die Bierproduktion aus Hopfen und Malz.

Auf dem Giebel eine Schutzmadonna

Nett anzuschauen ist das historisierende Reisbacher Rathaus.

1455 wurde ein Italiener Pfarrer in Reisbach, 1458 wird dieser Vertraute des bayerischen Herzogs Heinrich zum Papst Pius II. gewählt.

Die Wallfahrtskapelle St. Wolfsindis ist eine 1816 erbaute klassizistische Wallfahrtskapelle am östlichen Ortsrand von Reisbach. Über den Tod der Wolfsindis gibt es zwei Nachrichten: Die eine besagt, dass Wolfsindis von ihrem eigenen Vater, einem Gaugrafen von Warth, wegen des Glaubens an Christus zu Tode geschleift worden sei, die andere berichtet, ein Freier hätte sie zu Tode geschleift, weil sie ihre Jungfräulichkeit verteidigt hätte.
An der Stelle des Martyriums soll eine Quelle entsprungen sein, sie liegt unter dem Hochaltar. Bis heute wird dem Wasser Heilkraft, vor allem für Augenleiden, zugesprochen.
Zahlreiche Votivtafeln im Inneren der Kapelle zeugen von der Hilfe der Heiligen.
Jährlich am 2. September feiert die Pfarrgemeinde Reisbach den Namenstag der heiligen Wolfsindis mit Prozession und Gottesdienst. Das "Wolfsindiswasser" wird von vielen Reisbacher Familien geholt.

 


zuletzt geändert am 04.01.2024, 13:12

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