Vilstaltrachten von 1683 bis heute

Ich danke dem Callwey-Verlag für die Überlassung von Bildern aus dem Buch
Die Tracht in Niederbayern Gäuboden, unteres Rott- und Vilstal.

1683, Aldersbach, Grabmal St. Peterskirche: über die Ohren gezogene Pelzmütze über einer anliegenden Scheitelhaube, Kragenmantel mit breiten Paletten, um den Hals die Mühlsteinkrause.

1753, Aldersbach: Mutter und Tochter gezeichnet nach einer Votivtafel in Aldersbach von 1753, der Sohn in der allgemeinen Männertracht nach einer Votivtafel von 1758: hellblauer Rock mit vilstaltypischen seitlichen Tütenfalten, Hose und Halstuch schwarz, Strümpfe blau.
Die Tochter trägt ein rotes Mieder mit goldener Vorderkante, Latz mit gelbem Geschnür, niedriges, nach oben erweitertes Schapel (Kopfbedeckung) mit Gelbmetall und grünem Kranz ("Krauthaferl").

1791, Arbeitskleidung: Frauen mit braunrotem Brustfleck, dunkelroten Kopftüchern, weiß gemustert, blauen Strümpfen. Der Sohn trägt Hose und Halsbinde in Schwarz, grüne Hosenträger, blaue Strümpfe, Gürtel in Schwarz mit hellen Verzierungen.

1791, Arbeitskleidung einer unverheirateten Frau aus Aidenbach: schwarzer Rock mit grünem Tragmieder, weiße Schürze, schwarzes Schapel mit Gold und Grün, rote Zopfbänder.

1799, Aunkirchen, Bauernsohn bei einem Pferderennen: blaue Weste mit silbernen Knöpfen und kleinen Schößen, grüne Mütze mit schwarzem Pelzrand.

1812 bemängelt Pfarrer Ziegltrum aus Taufkirchen, dass sich Dienstmägde jährlich ein seidenes Halstüchlein,
ein seidenes Mieder, auch seidene Jacken mit Silberknöpfen beim Lohnvertrag ausbedingen.

1836 tadelt der Taufkirchner Pfarrer Fiederer:
Bauernburschen und Knechte mit goldgestickter Weste, Hüten mit goldenen Schnüren und Quasten, feintuchenem langem Rock, beide mit Silberknöpfen, und gewichsten Stiefeln. 
Bauerntöchter und Mägde mit silbernen Hals- und Leibchenketten, das Kleid von Seide oder Taffet mit aufgestellter Riegelhaube. (20 bis 30 Gulden wert.)

Rekonstruktion der Vilstaltracht um 1850.
(Trachtenverein Hinterskirchen)
Frauentracht aus dem Vilstal nach einem vorhandenen Stück und nach Beschreibungen von 1846–1851.
Seidenstoff, Rocksaum mit rotem, ca. zehn Zentimeter breitem Stoffbesatz (Kittelblech) und schwarzer Besenborte.
Das Oberteil (Spencer) ist stark auf Figur gearbeitet.
Hoher Stehkragen mit weißer Spitze. Brusteinsatz aus schwarzer Spitze vom Stehkragen bis zur Brust.
Schwarzes, meist goldbesticktes Mieder mit Silberschnürung.
Goldfarben gemustertes Schultertuch. Haare mit Silbernadeln, Grandl oder Riegelhaube.
Schwarze Halbschuhe mit Silberschnalle.

Die Männer tragen Gehröcke (Gvatterröcke). Junge Männer bekamen diese vom Vater oder vom Paten (Gvatersmann) als Hochzeitsgwand.
Der untere Schoßteil ist sehr weit geschnitten. In einer hinteren Schoßteilfalte ist eine Tasche zur Aufbewahrung von beispielsweise Geld oder Papieren eingearbeitet. Faltenstiefel.

Riegelhaube, Raum Eichendorf, vermutlich erste Hälfte des 19. Jahrhunderts

Detail der Stickerei

Die zugehörige Hutschachtel der Riegelhaube.

1860 beschreibt Dr. Bottler aus Vilsbiburg, dass sich die Kleidung der Landbevölkerung weitgehend der der Städter angleicht.

Ende 19. Jahrhundert, Adldorf, traditionelles Kopftuch (Hauptentuch)
(Aufnahme H. Steindl Eichendorf)

So sieht das Hauptentuch von hinten aus; hier, gezeichnet nach einer Votivtafel von 1872, trägt die Frau dazu einen grauen Schal mit rotem Rosenmuster am Rand.

Gebunden wurde diese Kopftuchart im Allgemeinen zu zweit. Das dreieckig gefaltete Tuch wird auf dem Scheitel festgehalten, dann werden die seitlichen Zipfel zusammengefasst und unter dem Haarnest verknotet.

Die Entwicklung der weiblichen Vilstaltracht 1648 bis 1772
Die kleinen Figuren zeigen die Kleidung der unverheirateten Frauen.

... und von 1787 bis 1864

Die Männertracht im Vilstal von 1656 bis 1772
Die kleinen Figuren zeigen Knabenkleidung.

... und von 1782 bis 1884

Tracht mittleres Vilstal 1880
(Slg. Mirtes)

Die Gebensbacher Schützen 1888 (oberes Vilstal)
(Archiv Gd. Taufkirchen/Vils)

Eberspointer Trachtler 1895 bei einem von Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern im Rahmen des Oktoberfests veranstalteten Volkstrachtenfest in München
(Slg. S. Obermeier)

Anlässlich dieser Veranstaltung wurde 1895 auch ein Aquarell der Vilsbiburger Trachtengruppe angefertigt.
(Bayerisches Nationalmuseum)

Bäuerin aus Prunn in kostbarer Vilstaltracht 1910
(Slg. Fam. Loibl)

Trachtler 1929 auf dem Hochrad bei der Fahnenweihe des Dornacher Radlervereins
(Slg. H. Riederer)

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts übernahm die Landbevölkerung zunehmend Mode und Wohnkultur des städtischen Bürgertums.

Nach jahrzehntelanger Verdrängung der Trachten gründeten sich besonders
in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Vereine zur Trachtenpflege.

Zum Beispiel 1935 im Tal der Kleinen Vils der Geisenhausener Volks- und Gebirgs-Trachten-Verein D´Vilstaler.
Ihr Taferl von 1950 zeigt an den Seiten ein Paar in niederbayerischer Tracht, in der Mitte die Kirche St. Theobald.

Geisenhausener Trachtler in der niederbayerischen Volkstracht ca. 1938.
Die Tracht musste aus Restbeständen rekonstruiert werden.

Geisenhausener Frauentracht 1938;
wie in der Kirche sind Männer und Frauen auch auf den Fotos getrennt.

1985

Das 75-jährige Gründungsfest 2010 des inzwischen in
Heimat- und Volkstrachtenverein D`Vilstaler, Geisenhausen 1935
umbenannten Vereins (ohne Gebirgstrachten) war ein Großereignis.

Hier ein Tanzpaar in der aktuellen, nach dem Vorbild der alten Volkstracht entwickelten Geisenhausener Vilstaltracht.
Die Festtracht der verheirateten Frau beinhaltet: Riegelhaube, Seidenschürze, schwarzen Rock (bis Maßkrughöhe überm Boden), gestrickte Kniestrümpfe, Haferlschuhe.
Der (reiche) Vilstalbauer trägt statt der Haferlschuhe typische Faltenstiefel, Uhrkette und Schmuck. Dazu schwarzen Hut, weißes Hemd, Weste, doppelreihig mit Talerknöpfen, Gschmiesal, schwarze Jacke, schwarze lange Hose, Messer mit Schaft.

Auch auf Kleinigkeiten kommt es an: passende Täschchen für die Frauen.

Die Geisenhausener Kindertracht 2010 mit den typischen Krandln (Krönchen) der Mädchen anstatt der Riegelhaube verheirateter Frauen

Zum Selbstverständnis des Trachtenvereins gehört es auch, die Lebensweise der Vorfahren in Erinnerung zu halten.
Die in den 40er- und 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelten Erntetänze stellen das bäuerliche Leben des 19. Jahrhunderts dar.
Hier der Sicheltanz in Arbeitstracht, die Männer tragen einen blauen Schaber (Schürze) und Zipfelmütze.

Der Mähertanz wurde 1965 vom Trachtenverein Esslingen übernommen.

Der Drischltanz (Dreschflegeltanz) wird seit 1949 aufgeführt.

(Aufnahmen Trachtenverein D´Vilstaler Geisenhausen)


zuletzt geändert am 25.12.2024, 18:30

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